Kenndaten zum Event | |
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Veranstaltungstag: | Sa, 20.05.06 |
Veranstaltungsort: | Gerolstein |
Distanz in km offiziell / lt. Aufzeichnung: | 209 / 206,6 |
Höhenmeter offiziell / lt. Aufzeichnung: | 3598 / 3435 |
HP des Veranstalters: | http://www.tour-festival.de |
Am 15.05. empfange ich eine Email vom Abteilungsleiter meines Radsport-Vereins.
Darin bietet Kollege Holger seinen Startplatz beim Gerolsteiner
Tour-Marathon (Samstag, 20.05.) kostenfrei an, da er an dem Tag verhindert ist.
Bei der Veranstaltung in Gerolstein handelt es sich nicht nur um einen einfachen Marathon.
Es findet das Gerolsteiner Tour-Festival statt, das sich über 3 Tage erstreckt.
Neben diversen Zeitfahren und einer Radmesse gibt es eben auch den Marathon,
der als Rennen ausgelegt ist (Zeitnahme per Chip) und auf abgesperrten Strassen
ausgetragen wird. Wie bei solchen Veranstaltungen üblich, werden die Teilnehmer kräftig
zur Kasse gebeten. Der Marathon alleine kostet stolze 55 EUR.
Normalerweise ist mir das zu viel, aber hier bietet sich die Gelegenheit, für 0 EUR
zu starten.
Da sich aus dem Verein offensichtlich kein anderer für den Marathon interessiert,
erhalte ich von Holger seine Akkreditierungs-Nummer, die 109 im ersten Startblock.
Eine Ummeldung ist nicht möglich und ich werde unter Holgers Namen starten,
aber das ist kein Problem.
Die Marathon-Strecke besteht aus zwei Streckenteilen. Eine westliche Runde mit knapp
100 km (1648 hm) und eine östliche Runde mit rund 55 km (975 hm).
Wie beim Maratona dles Dolomites ist es den Radlern freigestellt, während der Teilnahme
zu entscheiden, ob nach Beenden der 1. Runde (westlicher Teil, 100 km) noch ein oder
zwei Runden des östlichen Abschnitts angehangen werden.
Das Wochenende rückt näher und das Wetter wird schlechter. Die letzte Wetterprognose
lt. Wetteronline.de am Freitag Abend
verspricht für die Region Gerolstein Regen, Temperaturen zwischen 6 und 11°C und stürmischen
Wind aus Südwest.
Lt. Routenplaner sind es von Meinerzhagen-Hunswinkel bis Gerolstein 182 km,
prognostizierte Fahrtzeit knapp 2 ½ Std. Der Marathon-Start erfolgt um 8:00 Uhr.
Das Infocenter, an dem die Startunterlagen ausgegeben werde, öffnet ab 6.00 Uhr.
Da ich unnötige Hektik vor dem Start vermeiden will, sitze ich um 4:10 Uhr im Wagen.
Noch ist es trocken, aber schon reichlich windig. Gegen 6:10 Uhr, also eher als erwartet,
erreiche ich Gerolstein, wo ich auch gleich die ersten Hinweisschilder entdecke.
Allerdings sind diese recht klein, und mit unnötigen Infos zum Veranstalter überfrachtet.
Wie ich später feststelle, sind die unterschiedlichen Schilder, also für die Strecke,
den Start-/Zielbereich, Duschen, etc. alle uniform gehalten und man muss
schon recht nah an ein Schild heran, um zu erkennen, wofür es überhaupt steht.
Da ich recht früh bin, ist es insgesamt noch ruhig. Der Startbereich wird
gerade abgesperrt, aber ich finde problemlos einen Parkplatz in der Nähe des
Kreisverkehrs Linden-/Sarresdorfer-Strasse. Zur Anmeldung im InfoCenter sind es rund 500 m.
Dort hole ich meine Startunterlagen ab. Ausgehändigt werden:
- eine Rückennummer
- eine Nummer für den Lenker (einschl. Kabelbinder)
- Schwarz-Weiss-Kopien der Streckenpläne und Höhenprofile der beiden Runden
- ein Gutschein für die Pasta-Party
- eine Trinkflasche
- eine Flasche Gerolsteiner Sport-Getränk, 0,5L
- ein Corny-Riegel (Erdnuss, schön fettig)
- ein Squeezy-Gel
- ein dunkelblaues gummiertes Armband à la LiveStrong
- einige Info-Broschüren resp. Prospekte (Seeberger, Canyon)
- eine Tasche von Canyon
- ein gerolsteinerblaues T-Shirt (Auswahl zwischen den Größen L und XL)
- der Zeitmess-Chip
Für den Transponder ist eine separate Erklärung zu unterschreiben.
Bei Nichtrückgabe des Chip sind 140 EUR fällig!
Nachdem ich unnötigen Ballast auf der Toilette abgeworfen und mir im Cafe in Ruhe
die Startunterlagen angesehen habe, schlendere ich gemütlich zurück zum Auto.
Die Strassen füllen sich zunehmend mit Radlern und der Parkplatz ist
mittlerweile rappelvoll. Ich verziehe mich in den Wagen, hefte die Rückennummer
ans Trikot und schaue noch eine Weile dem Treiben rund um mich herum zu.
Gegen 7:30 Uhr fängt es an zu nieseln und es wird allmählich Zeit,
dass Rad zusammensetzen und die Lenkernummer zu fixieren, was rasch geschehen ist.
Bekleidungstechnisch gibt es keine großen Überlegungen. Bei den eindeutigen
Vorhersagen ist klar, dass ich nicht trocken bleiben werde. Es macht daher auch
keinen Sinn, entsprechende Schutzkleidung anzuziehen. Ich verzichte daher auf
Wind- oder Regenjacke. Das Geflattere und die Geräuschkulisse nerven mehr,
als das dies etwas bringt. Stattdessen ziehe ich eine normale Weste über
das kurzärmlige Trikot und lege Armlinge an. Dazu trage ich eine Knie-Trägerhose.
Überschuhe ziehe ich zwar an, aber das dünnste Paar, das lediglich die Schuhe
sauber halten soll.
Gegen 7:50 Uhr rolle ich langsam Richtung Startblock A.
Dazu muss ich an den hinteren Startblöcken D - B vorbei, was über den
Bürgersteig aber problemlos möglich ist. Im Startblock angekommen,
höre ich über Lautsprecher den Gerolsteiner Teamchef Michael Holcer reden,
der sich gerade über seine teilnehmenden Fahrer David Kopp und Frank Hoy äußert.
Neben den beiden Profis sehe ich viele weitere komplett im Gerolsteiner-Outfit
gekleidete Fahrer um mich herum, einige mit roten Rückennummern,
die die Vips kennzeichnen.
Pünktlich um 8:00 Uhr wird der Start freigeben. Über die B410 geht es zunächst
neutralisiert in östlicher Richtung bis Pelm. Das Tempo wird vom Führungsfahrzeug,
einem schwarzen BMW X5, vorgegeben und ist sehr gemächlich. So könnte es gerne
auch länger weiter gehen. Auch jede Menge Polizei-Motorräder fahren voraus.
Ich komme mit meinem Nebenmann ins Gespräch und frage ihn, ob die an seinem
orange lackierten ISAAC-Rad montierten Laufräder Lightweight Ventoux von @anton
aus dem Tour-Forum stammen. Er klärt mich auf, dass es sich um ein 6 kg Testrad
im Wert von 13.000 EUR handelt. Jetzt, wo er mir das Gesicht zuwendet, erkenne
ich ihn als Dirk Zedler, freier Mitarbeiter und Tester für das Tour-Magazin.
Nun gut, heute wird das Rad schon mal dem ultimativen Wettertest ausgesetzt!
Langsam arbeite ich mich etwas weiter nach vorne, um mal einen Blick auf die
Gerolsteiner Profis zu werfen. Die zu identifizieren bei den vielen hellblauen
Trikots um mich herum ist nicht so einfach, also achte ich mehr auf die Räder.
Aha, da vorne fährt einer auf seinem Specialized und hat doch tatsächlich am
HR ein Schutzblech montiert.
Im Pelm überqueren wir die Kyll und es geht durch einige enge Gassen.
Ein LKW steht reichlich ungünstig am linken Straßenrand.
Aber noch ist das Rennen nicht freigegeben, so dass dies nicht allzu kritisch ist.
Am Beginn des Anstiegs zur Kasselburg nach rund 3 km wechselt am Führungsfahrzeug
das auf dem Dach montierte Licht von rot auf grün. Jetzt geht es los!
Und gleich zur Sache! Auf den nächsten 1,8 km werden 130 hm überwunden,
im Schnitt also 7,2%. Für mich ist das natürlich Gift.
Ein solcher Anstieg gleich am Beginn, das kann nicht gut gehen.
Hat mein Puls in der neutralen Phase noch bei rund 100 Schlägen gelegen,
steigt er jetzt schlagartig auf 170. Etliche Fahrer überholen mich.
Kein Wunder. Ich bin ja ziemlich weit vorne und viele schnelle Jungs
mussten sich in den Startblöcken hinter mir einreihen, da die Vergabe
der Startplätze offensichtlich nach zeitlichem Eingang der Anmeldung erfolgte.
In der Nähe der Burg stehen einige Zuschauer, die uns lautstark anfeuern.
Am Ende der Steigung ist das Feld bereits weit auseinandergezogen.
Um mich herum nur einzelne Fahrer, keine Gruppen. Im folgenden leichten
Bergabstück pfeift einem der Wind schon mächtig um die Ohren.
Der Wind kommt aus Westen und bis zum Anstieg zum "Schwarzen Mann",
mit 697 m NN der höchste Punkt der Marathonstrecke, bläst er uns entgegen.
Bis dahin sind aber noch mehr als 40 km zu fahren. Mein Puls ist
immer noch zu hoch. Gefühlsmäßig könnte ich schneller fahren,
aber auch wenn mich Fahrer überholen, und es mich juckt mitzugehen,
halte ich mich zurück. Der Marathon ist lang und es warten noch
etliche Höhenmeter. Außerdem ist nicht erkennbar, welche Teilnehmer
überhaupt die lange Strecke fahren. Möglicherweise absolvieren einige
oder mehrere derjenigen, die mich überholen, nur die eine Runde und können
daher natürlich mehr Gas geben.
Im weiteren Verlauf der Strecke folgen viele Wellen. Nichts dramatisches,
keine üblen Steigungen, aber ausreichend profiliert, dass sich keine Gruppen bilden.
Der Regen ist stärker geworden und auch der Wind nimmt allmählich zu.
Auf ausgesetzten Flachpassagen muss ich kräftig treten, um das Tempo
nahe 20 km/h zu halten. Kurz nach Gondenbrett findet sich erstmals eine
kleine Gruppe von ungefähr 10 Fahrern zusammen, der ich im folgenden
Anstieg zur Sellericher Höhe aber nicht folgen kann und hinten raus falle.
Immerhin pendelt mein Puls jetzt in akzeptablen Regionen.
Bis zur kurzzeitigen Gruppenbildung lag der Herzschlag permanent über 150.
Kurz nach Sellerich folgt der langgezogene aber relativ flache Anstieg
zum "Schwarzen Mann". Und jetzt endlich finde ich auch meinen Rhythmus.
Mittlerweile zwar reichlich durchnässt, fühle ich mich jetzt richtig gut
und kann die Passage recht zügig fahren. Es ist kühl und neblig.
Meine Polar-Uhr zeigt eine Temperatur von 8° C an. Kurz nach der Höhe
zwingt mich zunehmender Blasendruck zu einem kurzen Stopp.
Bereits kurz nach Weiterfahrt erreiche ich die 1. Verpflegungsstelle,
die auf einem großflächigen Parkplatz eingerichtet ist.
Bis hierhin bin ich 51,3 km in 2:01 Std:Min unterwegs gewesen.
Ich wundere mich, wie wenig hier los ist. Vielleicht ein halbes Dutzend
Fahrer stehen hier. Ich genehmige mir einen Becher Tee, eine halbe
Banane und drücke ein Squeezy-Gel in den Mund. Auch vom angebotenen
Seeberger Trockenobst nehme ich eine Handvoll. Nach knapp 3 Minuten
Aufenthalt verlasse ich den Parkplatz und stelle fest, dass von den Fahrern,
die jetzt die Verpflegungsstelle erreichen, wenigstens die Hälfte durchfährt.
Auf der folgenden leichten Abfahrt und auch im weiteren Verlauf
rollt es richtig gut. Meist fahre ich alleine und sehe oftmals auch
keine anderen Fahrer. Gelegentlich überhole ich jemanden, aber Zusammenfahren
gibt es nur für kurze Abschnitte. In den Ortschaften stehen trotz des
schlechten Wetters einige Unentwegte, die mich anfeuern.
Die Streckenausschilderung ist ausreichend und die Sperrung vorbildlich.
An jedem möglichen Abzweig stehen entweder Offizielle oder private PKWs,
die ein Abbiegen (Abkürzen?) verhindern.
Kurz nach Olzheim folgt der steilste Anstieg der gesamten Marathon-Strecke
nach Kleinlangenfeld. Lt. Aufzeichnung erreicht die durchschnittliche Steigung
auf einer Länge von rund 700 m fast 11%.
Kurz hinter Birgel erreiche ich die B421. Statt auf die Strasse,
werde ich aber auf einen Radweg geleitet. Eine Gruppe fährt vor mir,
in der ich mich kurz erhole und etwas Schutz vor dem Wind finde,
der jetzt seitlich bläst. Hier fällt mir erstmals auf, dass mein Rad sich
seltsam verhält. Es entwickelt zunehmend den Drang geradeaus zu fahren und
lenkt nur widerwillig in Kurven ein. Trotzdem gehe ich vorne aus der Gruppe heraus,
das Tempo ist doch zu langsam. Es folgen einige enge Passagen mit
rechtwinkligen Kurven auf teilweise schlechtem Teer. Einige Stellen haben
fast Feldweg-Charakter. Das muss eigentlich nicht sein.
Mein Rad wird immer bockiger. In Kurven muss ich beide Hände am Lenker
halten und das Rad zum Einlenken regelrecht zwingen. Kurz vor Ende der
Runde meldet sich wieder die Blase zu Wort. Ich nutze den Zwangsstopp, um die
Gängigkeit und das Spiel des Steuersatzes zu prüfen, kann aber nichts ungewöhnliches
feststellen. Die kurze Pause hat aber gereicht, die kleine Gruppe wieder
vorbeiziehen zu lassen. Auf den wenigen Kilometern bis zum Ende der Runde bin ich
jedenfalls alleine unterwegs. In Gerolstein stehen trotz des permanenten
Regens viele Leute am Straßenrand und veranstalten ein ziemliches Spektakel.
Ich erreiche den Start/Zielbereich, der mittlerweile in zwei Kanäle eingeteilt ist.
Der linke führt in die zweite bzw dritte Runde, der rechte beendet das Rennen.
Eigentlich sollte sich die Frage, welchen Kanal ich wähle, gar nicht stellen,
schließlich bin hier, um den Marathon zu fahren. Nass bin ich eh schon,
und für die anstehende Reinigung des Rades macht es keinen Unterschied,
ob ich heute 100 oder 200 km fahre. Allerdings bereitet mir das Lenkverhalten
ernsthafte Sorgen. Bei den Windböen, die gelegentlich am Rad zerren,
ist es nicht ungefährlich, auf einem Hobel zu sitzen, der sich lenktechnisch
ziemlich störrisch benimmt.
Da ich am Steuersatz nichts finden konnte, vermute ich Wasser im Mavic Cosmos
Vorderrad. Nach dem Krombacher Radmarathon in der Vorwoche, den ich mit
dem selben VR bestritten hatte, durfte ich beide Laufräder entwässern.
In Krombach hatte es rund 2 Stunden geregnet, also gut möglich, dass jetzt
noch mehr Wasser an den Ösen der Speichennippel eingetreten ist, sich dann
im Mantel sammelt und auf Grund der Trägheit das Fahrverhalten beeinflusst.
Vor dem Start hatte ich den Streckenplan oberflächlich studiert und weiß daher,
dass sich kurz nach Beginn der 2. Runde eine Verpflegungskontrolle befindet.
Ich beschließe, noch bis zu dieser Kontrolle zu fahren, und das VR zu
kontrollieren. Zu Beginn der 2. Runde nehme ich die Zwischenzeit.
Bis hierhin habe ich exakt 3:36 Std:Min benötigt, der Tacho zeigt 98,3 km
und 1440 hm, also 200 hm weniger als offiziell angegeben.
Wie auch die 1. Runde, führt die 2. Runde zunächst auf der B410 Richtung,
aber nicht bis Pelm, sondern biegt kurz zuvor auf die K33 ab und windet
sich nach Gees hinauf. Die Verpflegungsstelle ist noch vor dem Abzweig,
gut 1 km nach Zieldurchfahrt, aufgebaut. Abgesehen von den Behältern mit
unterschiedlichen Trockenfrüchten, entspricht das Angebot dem der ersten
Verpflegungskontrolle. Ich genehmige mir eine halbe Banane und ein Squeezy-Gel,
das ich mit Tee hinunterspüle. Die Helfer sind zuvorkommend und gut gelaunt,
trotz des Wetters. Außer mir befinden sich noch zwei weitere Fahrer hier
an der Kontrolle, die aber vor mir eingetroffen sind und zügig weiterfahren.
Wie geplant steige ich ab und nehme das VR heraus. Sofort kommt einer
der Offiziellen und fragt, ob ich Hilfe benötige. Ich verneine,
aber er besteht darauf, wenigstens das Rennrad zu halten. Ich checke das VR,
kann aber auf Grund der Geräuschkulisse, also Regen und Wind, das sonst
typische Glucksen nicht ausmachen, welches auf Wasser im Mantel hindeutet.
Gewichtsmäßig und auch beim testweise rotieren des Laufrades kann ich jedenfalls nichts
feststellen und zum Abziehen der Decke habe ich keine Lust.
Also baue ich das VR wieder ein und fahre weiter.
Auch nach Gees steigt die K33 bis zur Einmüdung in die L27 bis zu einer
Höhe von 570 M ü. NN weiter an. Vom Start-/Zielbereich in
Gerolstein (360 m ü. NN) sind es bis hierhin gut 8 km. Wie auch im
weiteren Verlauf der Runde halten sich die Steigungsprozente in Grenzen,
die Anstiege lassen sich meist auf dem großen Blatt treten. Ich fühle
mich weiterhin gut, kann meine Pulswerte mittlerweile aber nicht mehr
kontrollieren. Das Display der Polar-Uhr zeigt keine Werte mehr an.
Ich kenne das schon von anderen Regenfahrten und bin eigentlich überrascht,
dass die Anzeige dem Regen fast 4 Std. getrotzt hat. Das ist halt der
Nachteil, wenn man die Batterie für wenig Geld selber wechselt und die Uhr
nicht zum Service einschickt, wo auch die Dichtung ersetzt wird.
Rund 100 m vor mir sehe ich einen weiteren Fahrer, dem ich im Anstieg
nur unwesentlich näher komme und erst in der folgenden Abfahrt nach
Neroth überhole. Da wir jetzt kräftigen Rückenwind haben, geht es zügig voran.
Ab Niederstadtfeld habe ich einen permanenten Begleiter, einen Polizisten
auf seinem Motorrad. Meist fährt er 30 bis 50 m vor mir her, an Anstiegen
auch schon mal weiter, wartet dann aber wieder auf mich. Zu einem Kontakt
kommt es aber vorerst nicht. Kurz hinter Schutz verlässt die Streckenführung
die L27 und biegt in einen idyllischen Pfad, dem Sauerseifen, entlang der
Kleinen Kyll ein. Diese schmale Passage bis zur Einmündung in die K10 ist
sicherlich etwas für einen geruhsamen Familienausflug bei Sonnenschein,
aber nicht gerade ein idealer Streckenabschnitt für ein Rennen.
Besonders nicht bei diesen Wetterverhältnissen. Zwar geteert,
auf Grund von Blütenstaub und Blättern auf der Fahrbahn aber rutschig
und bei den vielen scharfen Kurven nur vorsichtig zu befahren.
Gut, dass ich vollkommen alleine unterwegs bin und weder vor noch
hinter mir Radler sehe.
In Meerfeld ist der nächste Verpflegungsstand aufgebaut, den ich aber
rechts liegen lasse. Ich fühle mich weiterhin gut, die Flaschen sind
noch genügend gefüllt und auch Riegel habe ich ausreichend gebunkert.
Nach Meerfeld folgt wieder ein längerer Anstieg und anschließend einige Wellen.
Die Anstiege fahre ich gleichmäßig, bergab trotz der nassen Strassen und des
heftigen Windes recht zügig.
Wegen der Sperrung kann man wunderbar die Ideallinie nehmen.
Die Lenkprobleme am Rad haben sich wieder halbwegs gegeben und
beeinträchtigen kaum noch. Nach Meisburg und auch nach Salm folgen
einige längere und fast flache bzw. leicht abschüssige Abschnitte durch Wald.
Hier ist der Wind erträglich, pfeift in den Baumwipfeln aber derart,
dass ich meine, entlang einer Autobahn zu fahren. Mittlerweise hat es
aufgehört zu regnen. Von hinten nähert sich ein motorisierter Marshall,
mit dem ich ins Gespräch komme. Er teilt mir mit, dass die Spitze ungefähr
eine Stunde voraus ist und fragt, ob ich noch eine Runde anhängen würde,
was ich bejahe. Der Marshall begleitet mich noch ein Stück,
so dass ich jetzt von zwei Motorrädern eskortiert werde!
Als ich kurz darauf von einem Radler überholt werde, fährt der Polizist
aber diesem voraus. Seit der Verpflegungskontrolle am Schwarzen Mann auf
der ersten Streckenhälfte bin ich jetzt erstmalig wieder auf der Strecke
überholt worden! Am Anstieg nach Büscheich fahre ich auf einen
anderen Radler auf. Auf meine Frage, ob er die dritte Runde noch anhängt,
verneint er entschieden: "Ganz bestimmt nicht!".
Da Gerolstein im Tal liegt, erfolgt die Einfahrt aus Süden über die
L29 mit reichlich Gefälle. In Gerolstein selbst ist die Streckensperrung
offensichtlich teilweise aufgehoben, da mir einige wenige Autos entgegen kommen.
Da ich mittlerweile aber wieder vom schon mehrfach erwähnten
Polizisten begleitet werde, ist dies kein Problem. Gelegentlich
schaltet er Blaulicht und Martinshorn ein und fordert die Autofahrer auf,
auf ihrer Seite möglichst rechts zu fahren. Ich fühle mich wie im Film.
Den Zielkanal erreiche ich nach 5:48 Std:Min und 153,3 km.
Die Polar-Uhr hat sich wieder berappelt. Das Display ist zwar noch beschlagen,
ich kann die Werte aber wieder ablesen und stelle fest, dass ich bis
hierhin insgesamt 2350 hm bewältigt habe. Damit hat der zweite
Streckenabschnitt etwas mehr als 900 hm auf 55 km, das ist schon ganz ordentlich.
Das Zuschaueraufkommen hält sich mittlerweile arg in Grenzen.
Auf dem kurzen Flachstück zur Verpflegungsstelle fährt ein Marshall an
meine Seite und teilt mir mit, dass lediglich rund 10 Teilnehmer vor mir seien,
und jeden in der 3. Runde ein persönlicher Marshall begleiten würde.
Ich bezweifle stark, dass die Zahl stimmt, aber eine kurze Nachfrage an
der Verpflegungsstation bestätigt die Aussage. Man habe die Teilnehmer
zwar nicht gezählt, aber es wären höchstens ein Dutzend.
Nun gut! Die Wetterbedingungen sind wirklich mies, aber dass von den
schätzungsweise mehr als 100 Teilnehmern, die vor mir unterwegs sind/waren,
dann doch nur so wenige die gesamte Distanz fahren, habe ich nicht angenommen.
Wie bereits in der Runde zuvor, genehmige ich mir ein Squeezy-Gel,
einen Tee und eine halbe Banane. An der Pausenstation befindet sich mit
Marko Hennig aus Dortmund noch ein weiterer Fahrer. Wir beschließen,
die letzte Runde gemeinsam zu bestreiten.
Ein kurzes Stück begleitet uns der Marshall, der dann vom Polizisten abgelöst
wird, der mich bereits ein längeres Stück der 2. Runde eskortiert hat.
Der Streckenverlauf ist ja jetzt bekannt. Wir können uns die Kräfte
entsprechend einteilen und wissen, welche Passagen mit besonderer Vorsicht
zu genießen sind. Bis zum Ende des Marathon werden wir auf der Strecke
keinen anderen Teilnehmer mehr sehen.
An der Verpflegungsstation in Meerfeld halten wir etwas länger.
Erstaunlicherweise gibt es keine Squeezy-Gels mehr, obwohl hier so viele
Fahrer nicht vorbeigekommen sein können. Seit einigen Kilometern regnet es erneut
und Marko zieht sich wieder die Regenjacke über. Ich komme derweil mit
unserem permanenten Begleiter ins Gespräch. Er erzählt, dass er selber
Sportler ist und vor Wochenfrist den Laufmarathon in Mainz in 3 Std.
absolviert hat, sich aber nicht vorstellen könne, mehrere Stunden bei
solchen Bedingungen Rad zu fahren. Trotz seiner eigentlich wasserdichten
Regenkombi sei auch er mittlerweile bis auf die Haut nass.
An dieser Stelle ist daher auch ein besondere Dank an die Helfer und
motorisierten Begleiter angebracht, die für uns Radfahrer über Stunden im
Regen zugebracht haben.
Kurz nach Weiterfahrt werden wir von einem Polizeiwagen überholt und man
teilt uns mit, dass die Streckensperrung hinter dem Wagen aufgehoben wird.
Damit war natürlich zu rechnen, denn sonst wäre der Service eines persönlichen
Marshalls nicht notwendig gewesen. Die meisten Abzweigungen und Absperrungen
mit Flatterband sind aber auch im weiteren Verlauf der Runde noch vorhanden.
Hinter Meisburg überholt uns dann auch tatsächlich ein Auto, dass einzige bis
zum Ziel, so weit ich mich erinnern kann. Den Überholvorgang werde ich auch
deshalb nicht so schnell vergessen, da der Fahrer zwar Abstand hält,
aber durch eine riesige Pfütze rauscht und uns so eine volle Breitseite verpasst.
Gegen Schluss der Runde wird es richtig ungemütlich. Neben dem jetzt wieder
stärkerem Regen dürfte die Windstärke im Bereich 10 liegen. Zudem fällt die
Temperatur auf 6° C.
Im Zielbereich selbst herrscht mittlerweile tote Hose. Wir werden zwar über
Lautsprecher namentlich erwähnt, aber eigentlich ist keiner da, der Notiz nimmt.
Nach Brutto 8:08:20 Std:Min:Sek (Netto: 7:53), 206,6 km und 3435 hm überquere ich
die Ziellinie. Henning hat 8:06:17 benötigt. Da wir zusammen das Ziel erreichen,
bedeutet dies, dass er am Morgen die Startlinie über 2 Minuten nach mir überfahren hat.
Nach Abgabe des Transponders komme ich mit einem Offiziellen ins Gespräch,
der mitteilt, dass ungefähr 80 Fahrer in die 3. Runde eingebogen sind,
er aber davon ausgehe, dass viele die Runde nicht zu Ende fahren werden.
Ich halte mich im Zielbereich nicht lange auf, sondern begebe mich zügig
zum Wagen. Schnell das Rad verstaut, Strümpfe und Schuhe gewechselt und
dann in den nassen Klamotten zum Duschen. Leider befinden sich diese im
Schwimmbad, das ich erst suchen muss, da weiter entfernt, und mir einen
10 minütigen Fußmarsch beschert.
Nach dem Duschen schaue ich mich noch kurz im Zielbereich um.
Die Stände der Messe sind bereits abgebaut (wie ich später erfahre,
ist das auf Grund des Windes bereits sehr früh geschehen).
Die Pasta-Party schenke ich mir und mache mich stattdessen sofort auf dem Heimweg.
Laut Ergebnisliste des Marathon haben von 869 Startern nur 35 den Marathon
beendet. Der Rest hat sich mit ein oder zwei Runden begnügt oder das Rennen
zwischenzeitlich aufgegeben. Ich denke, dies sagt genug über die vorherrschenden
äußeren Bedingungen.
Mit 1:10 Std:Min Rückstand auf den Führenden bin ich (respektive Holger) als 13. gewertet.
Fazit:
Landschaftlich und vom Profil her ein schöner und anspruchsvoller Marathon, der
durchaus das Zeug zu einem Klassiker hat. Durch das Drumherum, die
Streckensperrung und Zeitnahme entsteht echtes Rennfeeling.
Dies geht allerdings recht schnell verloren, da sich auf Grund der
Streckencharakteristik und der in diesem Jahr insgesamt enttäuschenden
Teilnehmerzahl von 869 Aktiven, das Feld schnell auseinanderzieht und man
daher oft genug alleine unterwegs ist.
Dies hängt ursächlich mit den äußeren Bedingungen zusammen, aber wohl auch
vom Startgeld, das mit 55 EUR als happig zu bezeichnen ist. Dabei darf aber
nicht vergessen werden, dass die Veranstaltung erstmals ausgetragen wurde.
Organisatorisch habe ich kaum etwas zu bemängeln. Die Ausgabe der Startunterlagen
erfolgte zügig, die Streckensperrung war vorbildlich, die Betreuung durch
motorisierte persönliche Streckenbegleiter schon übertrieben.
Bei der Verpflegung wären mir zusätzliche Riegel und etwas herzhaftes,
handfestes wie eine Schnitte Brot lieb gewesen.
Diesbezüglich hat aber sowieso jeder seine eigene Meinung und Vorlieben.
Die Ausschilderung zu den Duschen kann optimiert werden. Zu den Nebenschauplätzen
wie Messe, etc. kann ich nichts sagen. Bei meiner Zielankunft war bereits alles
abgebaut. Hat mich auch eh nicht interessiert. Aber zusätzlich zu den schon hohen
Startgebühren von den Aktiven auch noch 5 EUR extra für die Messe zu verlangen, ist
schon ein starkes Stück. Da ich die Pasta-Party geschwänzt habe, kann ich auch
hierzu kein Urteil abgeben.
Auf Grund des extremen Wetters wird mir die Tour unvergesslich bleiben.
Die Marathons in Lüdenscheid 2004, Wipperfürth 2005 und Dortmund-Holzen 2005, die
bisher in meiner persönlichen Rangliste mit den schlechtesten Wetterbedingungen
ganz oben standen (am legendären Ötztal-Marathon 2003 habe ich nicht teilgenommen),
sind auf die Plätze verwiesen.